Ausverkauf bei der Katholischen Kirche

von Stefan Lesting

Lasst uns heute über den Ausverkauf in der Katholischen Kirche sprechen. Was längst kein verstecktes einmaliges Phänomen mehr ist, wird immer mehr zu einer akzeptierten Entwicklung. Gerade trotz dieser Offensichtlichkeit muss festgehalten werden: Machtlos sind Viele; Sehen möchten es nur Wenige.

Der Kern der Herausforderung ist, dass vielen Katholiken im Haupt- und Ehrenamt das Verständnis von moderner Markenbildung und Kommunikation fehlt; daneben sind sich viele Führungskräfte nicht den strategischen Instrumenten bewusst, die es benötigt, um den Ausverkauf zu stoppen und die Organisation wieder auf den gewünschten Wachstumskurs zu bringen.

Doch fangen wir vorne an und versuchen uns an einer kleinen Reise. Wichtig dabei zu beachten ist, dass Kirche mit seinen vielen ureigenen Traditionen, Werten und den vielen engagierten Menschen immer in einem großen Spannungsfeld zwischen Gesellschaft, persönlichen Emotionen und einer großen Portion Gottvertrauen steht. Dies ist gut und so sollten wir sprichwörtlich den Teufel nicht an die Wand malen, sondern vielmehr die Tendenzen wahrnehmen und sie als Ansporn verstehen sich dem notwendigen Diskurs zu stellen.

Kirche zur Advents- und Weihnachtszeit

Zu Beginn dieser kleinen Reise möchte ich einladen einmal darüber nachzudenken, was Sie zwischen dem ersten Adventssonntag und Weihnachten gemacht haben. Viele von Ihnen erinnern sich sicherlich noch an diese schöne Zeit, in der Spekulatius und Kekse gebacken wurden und manch eine Tassen Glühwein getrunken wurde. Neben den familiären und an die örtliche Kirchengemeinde gebundene Aktionen waren Sie sicherlich auch bei ihren örtlichen Vereinen und mit Freunden unterwegs und vielleicht haben Sie auch einen schönen Weihnachtsmarkt besucht. Obacht da fängt es spätestens an, wenn wir über den Ausverkauf sprechen. Die Vorbereitung auf die Weihnachtszeit ist der Advent, doch schon unlängst feiern viele Firmen, Vereine und nicht zuletzt auch Pfarrgemeinden schon in der Adventszeit Weihnachten mit entsprechenden Weihnachtsfeiern (Anm.d.R. die Weihnachtszeit fängt ab dem Weihnachtsfest an). Dieser Brauch soll erst einmal wertfrei gesehen werden, denn in Gemeinschaft miteinander Zeit verbringen ist durchaus etwas Positives.

Heilige als Marken

In der Vorweihnachtszeit ist es natürlich sehr naheliegend, dass vielerorts am 6. Dezember das Fest des Heiligen Nikolaus gefeiert wird. Dieser wird zwar zunehmend wieder als echter Heiliger mit Bischofsstab, Mitra und positiven Werten durch die Nikolausaktion besetzt, doch die Pudelmütze und der Santa Claus haben unlängst auch den Weg in viele Familien und Gruppen gefunden. Von Klamauk, bis zum modernen Ansatz über die Werte des Schenkens zu sprechen ist alles mit dabei. Das Brauchtum sich immer wieder verändert ist dabei gar nicht negativ, denn wer ein wenig älter ist, erinnert sich leider nur zu gut daran, dass der Hl. Nikolaus in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts immer wieder als Erziehungshelfer durch Pädagogen und Eltern missbraucht wurde. Diesen Trend wieder abzukehren ist nichts Schlechtes.

Mit Süßigkeiten die Menschen bezaubern

Doch lassen wir das Kapitel hinter uns und wenden uns aktuelleren Gegebenheiten zu. Wie wäre es da mit dem Heiligen Martin, dem zwar noch nicht das Pferd genommen wurde, dafür aber das Licht in den Umzügen. Wer vor ein paar Jahren noch dachte, dass ein paar Eltern nur aus Spaß einen St. Martins Umzug in eine Lichterfeier oder Lichterzug umbenennen, der weiß heute, dass es sie es ernst meinten. Heute findet die Diskussion nicht nur in Berlin statt, sondern hat längst Kindergärten und Schulen in ganz Deutschland erreicht. Dieses Phänomen in geschriebenes Wort zu bringen ist schwierig und lässt sich in gesprochenem Wort oder einem Vortrag um Längen besser darstellen.

An dieser Stelle wird es Zeit, dass wir nun auch ein wenig Süße in die Beobachtung bringen. Wie wäre es da mit einer gezuckerten Kirsche? Damit Sie es nicht falsch verstehen, auf Grund eines möglichen Dialekts, es handelt sich hier nachfolgend um eine Frucht und nicht um ein Gebäude. Zurück zur versüßten Kirsche: Darf es diese vielleicht noch eingelegt in Alkohol und einem Schokoladen-Kokon sein? Ich glaube Sie wissen es schon, um was es gleich geht und zwar genau um das Pralinenprodukt „Mon Chèri“ aus dem Hause Ferrero. Echt lecker würden die eine Hälfte sagen, die Andere macht einen weiten Bogen um dieses Produkt. Egal wie Sie zur Kirsche stehen, so gibt es einen spannenden Brauch, der eng an ein besonderes katholisches Hochfest hat. Am Barbaratag, dem 4. Dezember, werden Kirschzweige angeschnitten und diese in Wasser gestellt. Wenn die Zweige jetzt zwanzig Tage in dem Wasser stehen, dann fängt der Kirchschzweig passenderweise zu Weihnachten an zu blühen. Der Hintergrund des Brauches soll an dieser Stelle noch schnell erklärt sein. Es verhält sich so, dass die Menschen damit auf die Geburt Jesu Christi zeigen möchten. Denn selbst da wo absolute Dunkelheit (Winter) ist, kann Leben (Blüte der Kirsche) entstehen. Das Menschen in der Vergangenheit was unseren Glauben betrifft kreativ waren ist unbestritten, oft wird übersehen das wir heute ebenfalls absolut kreative Menschen auf der Erde haben. So liegt es doch Nahe, dass nicht die Katholische Kirche zum Barbaratag einlädt, sondern Ferrero den „Barbara-Empfang“ mit der Mon Chèri Kirsche veranstaltet. Und ja, den gibt es wirklich.

Für Autofahrer und alle die Sicherheit suchen

Wer die kalte Jahreszeit jetzt doch ein wenig verlassen möchte, der sehnt sich jetzt vielleicht nach Urlaub. Einfach so ins Warme fahren ist in Europa selbstverständlich im Winter schwierig, Fliegen wäre besser vor allem wenn das Auto vielleicht sonst liegen bleibt. Wobei wir haben doch eigentlich alle mindestens zwei Engel, die auf uns aufpassen oder meinen Sie nicht? Zum einen wäre da natürlich der Schutzengel der Provinzialversicherung, der Sie selbstverständlich vor sämtlichen Schäden bewahren soll und wenn es dann doch mal zur Panne kommt, was wäre da besser als ein gelber Engel vom ADAC. Der Ausverkauf von Engeln ist im Übrigen historisch gesehen schon etwas älter, doch was kann die Katholische Kirche heute überhaupt noch mit Engeln anfangen, wenn andere Organisationen das mit dem Sicherheitsgefühl viel besser können?

Eine Tasse voll Pudding

Wir nähern und jetzt langsam dem vorläufigen Finale, aber zwei Produkte für den Ausverkauf habe ich gerade noch, die ich Ihnen anbieten möchte. Wie wäre es da mit dem schlechten Gewissen und einer Runde Fasten oder darf es direkt Ihre Seele sein?! Ich hoffe ich habe Sie jetzt noch nicht zu sehr erschreckt und damit Sie mir jetzt noch Glauben schenken, schauen Sie bitte jetzt in Ihre Küchenschubladen und suchen nach einen Tassenpudding. Die Marke vom Pudding ist im Übrigen Dr. Oetker, die Puddingverpackung könnte eventuell auch schon was älter sein. Nicht gefunden, kein Problem Tassenpuddings sind jetzt auch nicht mehr aktuell, denn dieser heißt nun wunderschön „Seelenwärmer“. Dem Kreativdirektor, der sich das ausgedacht hat gebührt im Übrigen meine vollste Anerkennung und ich würde Ihn und sein Team gerne einmal kennenlernen! Top-Leistung zum Remarketing eines schon „verstaubten“ Produktes.

Arbeitshilfe Fastenzeit

Nach der Puddingaktion habe ich zwar eigentlich keinen Hunger mehr auf etwas Herzhaftes, doch das ist in Anbetracht auf die letzten Tage der Fastenzeit eigentlich auch gar nicht mehr notwendig. Keine Sorge als Mitarbeiter der katholischen Kirche empfehle ich Ihnen jetzt nicht sich einen neuen Fastenkalender auszudenken, nehmen Sie einfach den von vor zehn Jahren, denn die Musik ähm das Video spielt jetzt woanders. Stecken Sie bitte nicht zu viel Energie in den Kalender, denn eigentlich frustriert Sie das Ende nur. Tauschen Sie besser nur kurz das Deckblatt ihrer Arbeitshilfe aus, dann ist es schon fast perfekt und Ihre Kollegen werden Sie nicht auffliegen lassen, die machen das nämlich genauso. Grundsätzlich ist es nämlich leider so, dass es eine Illusion wäre, dass Sie mit denen Ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten den großen neuen Wurf landen werden. Dafür gibt es intern viel zu viel Konkurrenz und Sie behindern sich gegenseitig mit Ihrer Reichweite und gegen die Platzhirsche von Außen haben Sie längst wohl keine Chance mehr. Das jüngste Beispiel was man mit dem Thema Fasten machen kann, kommt von der Deutschen Umwelthilfe. Diese wirbt jetzt mit „Fasten 2.0“ gegen die Lebensmittelverschwendung in Deutschland. Ein Ansatz der Ihnen vielleicht zu theoretisch ist? Kein Thema denn es gibt noch eine praktische Alternative direkt für Ihren Body und ihren Körper als Energiequelle. Schauen Sie sich einfach mal den Fitness Coach auf YouTube an, wie es schon mehrere hunderttausend Menschen gemacht haben, alternativ gibt es neben dem Coach auch noch spannende andere Reportagen zum Thema Fasten.

Instrumente zur Markenbildung

Am Ende sind wir doch mal ehrlich zueinander, denn es ist doch alles irgendwie faszinierend, aber gleichzeitig auch erschreckend was diesen Ausverkauf betrifft: Menschen glauben an Gott, Menschen glauben an Werte und Menschen sind immer wieder auf der Suche nach Sinn und dem was kommt. Die verschiedenen Facetten aus dem Alltag der Katholischen Kirche sind spannend und zugleich erschreckend, wenn man die Bestrebungen und den Erfolg der anderen betrachtet. Doch was ist die größte Herausforderung und das was ist eigentlich, was am meisten an dieser Beobachtung schmerzt? Sind es die potentiellen Gefahren durch andere Organisationen oder Unternehmen, oder ist es vielmehr die Fassungslosigkeit und das fehlende Handwerkszeug von den vielen aktiven Menschen in der Katholischen Kirche. Es gibt kaum Mitarbeiter, die mit der aktuellen Marktsituation umzugehen wissen oder es schaffen sich das notwendige Handwerkszeug in einer adäquaten Zeit anzueignen.

Fazit und Ausblick

Vielleicht klingt dies jetzt nach tiefer Erkenntnis, vielleicht nach Resignation, doch vielleicht ist es auch eine Chance. Lassen Sie uns positiv denken und einfach das Glas erheben: Wie wäre es mit einem leckeren „True fruits“ Smoothie für fünf Euro? Sicherlich vegan, im Notfall auch laktosefrei und in den Top 10 der Instagram-Charts unter dem Hashtag #fasten.

Sollten Sie sich nicht damit zufrieden geben zu resignieren, dann lassen Sie uns überlegen, welche Instrumente und Methoden Ihnen fehlen, die zur modernen Markenführung dazugehören.

Über Stefan Lesting

Stefan Lesting ist Experte für das Thema Digitalisierung

Stefan Lesting ist Berater, Autor und Medienexperte und beschäftigt sich seit vielen Jahren insbesondere mit der Thematik Kirche und Medien. Daneben unterstützt Stefan Lesting zusammen mit seinen Mitarbeitern bei der Lesting Media & Consulting Pfarrgemeinden, kirchliche Einrichtungen, Verbände und Einzelpersönlichkeiten bei der Umsetzung von Marketing- und Digitalisierungsmaßnahmen.