Fahrplan für Corona-Gottesdienste

von Stefan Lesting

Die Enttäuschung bei vielen Katholiken und evangelischen Christen ist dieser Tage groß, denn sie hatten sich Lockerungen beim Thema Gottesdienstfeiern gewünscht. Ihren Unmut bringen sie nun in vielen Postings und Kommentaren zum Ausdruck. Doch wie könnte eine Lockerung konkret aussehen? Dazu gibt es bisher wenig genaue Ideen.

Hier der Vorschlag zu einem Maßnahmenpaket, das eine Diskussion zu dem Thema für die Katholische und Evangelische Kirche voranbringen kann. Bei den Impulsen handelt es sich um Ideen für Gottesdienste in Kirchgebäuden.

Zutritt & Tracking

Dass viele Menschen, die sich gemeinsam an einem Ort befinden, die Ansteckungsgefahr stark erhöhen, ist unbestritten. Deshalb ist es erforderlich den Zutritt zu limitieren. Eine Online-Anmeldung und eine begrenzte Anzahl zur Verfügung stehender Tickets sollte dabei obligatorisch sein. Eine Plattform mit der dies schon heute kostenfrei möglich ist, stelle ich mit Jesaja über mein Unternehmen dafür gerne kostenfrei für Pfarrgemeinden zur Verfügung. Dass der Zutritt nur mit einem Ticket möglich ist, soll auch dazu dienen eine etwaige spätere Nachverfolgung möglich zu machen.

Ein Online-System stellt für einige Personengruppen sicherlich einen Nachteil dar, da sie sich mit solchen Systemen nicht auskennen oder keinen Internetzugang haben. Zum einen gehört diese Personengruppe in der Regel zu den Risikogruppen, die sich selbst besonders schützen müssen. Durch die technische Hürde wird die eigene Verantwortung an dieser Stelle noch einmal in das Bewusstsein gerückt. Auf der anderen Seite kann auch für die Personengruppen seitens der Pfarrgemeinde ein entsprechender telefonischer Buchungsservice und postalische Zustellung der Tickets angeboten werden, so dass kein Nachteil entsteht.

Plätze & Sitzordnung

Wie viele Plätze konkret zur Verfügung stehen, hängt sicher mit der Bauart des Gebäudes zusammen. Vielleicht wäre es denkbar den Zutritt im ersten Schritt auf 10% der maximal verfügbaren Sitzplätze im Normalgebrauch der Kirche zu beschränken und die Prozentzahl zu einem späteren Zeitpunkt nach Möglichkeit zu erhöhen. Bei der Verteilung der Plätze wäre ein weiterer wichtiger Aspekt, dass der Zutritt zu einer Sitzbank möglich sein muss, ohne dass andere Personen dafür berührt werden oder aufstehen müssen.

Liturgie

Die Feier der Eucharistie steht in den meisten Gottesdiensten im Vordergrund. Gerade bei der Kommunionausteilung oder beim Brotbrechen entsteht in der Regel ein direkter Kontakt. An dieser Stelle braucht es sicherlich noch kreative Lösungen, um die Situation unter Einhaltung der liturgischen Möglichkeiten und dem Abstandsgebot zu bewältigen. Sollte keine kreative Lösung vorhanden sein, so würde sich zumindest die Feier eines Wortgottesdienstes anbieten. Hier ist auf jeden Fall noch ein wenig Gehirnschmalz nötig.

Der Friedensgruß kann dabei sicherlich durch ein Nicken oder eine leichte Verbeugung in Richtung des entfernten Sitznachbarn geschehen. So wird es im normalen Gottesdienstalltag häufig auch schon gehandhabt, wenn eine Person nicht direkt neben einem sitzt. 

Ein besonderer Aspekt der Liturgie ist die musikalische Gestaltung. Um das Versprühen von Tröpfchen zu reduzieren, wäre es denkbar statt des Gemeindegesangs bei Bedarf andere Formen der Musik in den Gottesdienst einfließen zu lassen.

Schutz der Geistlichen und der Mitwirkenden

Die Feier von Gottesdiensten mit der Gemeinde sollten nur Geistliche durchführen, die nicht zur Risikogruppe gehören. Daneben wäre eine Regelung hilfreich, die den Gemeindegottesdienst für jeden Geistlichen auf einen Gottesdienst pro Tag reduziert. Auf diese Weise wäre eine Kontaktreduktion gegeben und die Pfarrerinnen und Pfarrer haben weiterhin Zeit für ihre diakonischen und missionarischen Aufgaben. Diese sind zwar in Zeiten der Corona-Pandemie ebenfalls nur eingeschränkt möglich, doch gibt es genügend Möglichkeiten über das Telefon oder digitale Wege Kontakt zu den Menschen einer Gemeinde zu halten.

Sollte ein Geistlicher für mehrere Kirchorte zuständig sein, so sollte ihm die Entscheidung abgenommen werden, an welchem Ort er die Gottesdienste feiert. Eine unterstützende Regel könnte hier sein, dass reihum an den Kirchorten gefeiert wird – beispielsweise nach alphabetischer Reihenfolge. Zu berücksichtigen wäre dabei, dass nur Kirchorte in Betracht kommen, an denen mehr als zwölf Tickets gebucht wurden. Auf diese Weise ist die Reihenfolge klar geregelt und die Gemeinden haben auf der anderen Seite auch die Aufgabe, Menschen für den Gottesdienstbesuch zu begeistern.

Auf die Mitwirkung von Ministranten oder den Altardienst sollte im ersten Schritt verzichtet werden. Ausnahmen hierzu sind zunächst Mitglieder des Seelsorgeteams, die eigenverantwortlich unter Berücksichtigung einer Kontaktreduktion mitwirken können.

Eigenverantwortung

Zuletzt steht die Eigenverantwortung der Einzelnen im Vordergrund. Niemand wird gezwungen oder ist verpflichtet einen Gottesdienst zu besuchen oder diesen als Geistlicher mit der Gemeinde zu feiern. Es sollte gelten: Wer Angst hat den Gottesdienst zu besuchen, ist in dieser Zeit ermutigt seinen Glauben weiterhin im Gebet oder im digitalen Austausch zu leben.

Es ist denkbar, dies an möglichst vielen Stellen zu thematisieren und ins Bewusstsein zu rufen. Die Nächstenliebe fängt bei jedem Einzelnen an und dazu gehört auch die Eigenverantwortung. Darauf kann bei der Ticketbuchung sowie vor und zum Ende eines Gottesdienstes hingewiesen werden. Gerade vor und nach einem Gottesdienst darf es zu keiner Ansammlung kommen. Die Besucher werden entsprechend gebeten in ruhiger Atmosphäre den Heimweg direkt anzutreten.

Hinweis in eigener Sache

Bei den oben genannten Punkten handelt es sich um Vorschläge. Ziel dabei ist es pragmatische Ansätze aufzuzeigen und dazu anzuregen einmal über den Tellerrand zu schauen. Es hilft nicht die Situation anzuzweifeln, ohne einen Lösungsansatz aufzuzeigen. Was derzeit fehlt, ist der Eifer Ideen zu entwickeln und weiter zu diskutieren, um das entstandene Vakuum zu füllen.

Über Stefan Lesting

Stefan Lesting ist Experte für das Thema Digitalisierung

Stefan Lesting ist Berater, Autor und Medienexperte und beschäftigt sich seit vielen Jahren insbesondere mit der Thematik Kirche und Medien. Daneben unterstützt Stefan Lesting zusammen mit seinen Mitarbeitern bei der Lesting Media & Consulting Pfarrgemeinden, kirchliche Einrichtungen, Verbände und Einzelpersönlichkeiten bei der Umsetzung von Marketing- und Digitalisierungsmaßnahmen.