Libra – die neue Facebook-Währung

von Stefan Lesting

Auch für kirchliche Einrichtungen relevant

Mit Libra bringt Facebook voraussichtlich bereits nächstes Jahr eine sehr mächtige, neue Währung auf den Markt. Diese soll nicht nur für Unternehmen und Geschäftsleute relevant werden, sondern auch für Privatpersonen – und das weltweit. Lesen Sie hier, wie kirchliche Einrichtungen davon profitieren können.

Was ist Libra?

Libra ist eine Krypto-Währung, das bedeutet sie funktioniert bargeldlos, als rein digitales Zahlungsmittel und unabhängig von bisherigen Bankhäusern. Marc Zuckerberg, Gründer und Vorstandsvorsitzender vom Social Media Giganten Facebook, möchte auf diese Art eine globale Infrastruktur erschaffen, wodurch jeder Mensch die Möglichkeit bekommt ganz unabhängig von der jeweiligen Landeswährung zu bezahlen. Dies soll vor allem einfach, schnell und vor allem ohne Ländergrenze zu geringen Gebühren möglich werden.

Jetzt kann man zwar darüber lächeln, denn es gehört nicht zur derzeitigen Kernexpertise von Facebook Zahlungen abzuwickeln. Ebenfalls könnte man fragen, was bedeutet es schon, wenn ein soziales Netzwerk als einzelne Organisation diesen Schritt geht? Dies hat sich Facebook wohl auch gedacht und nicht nur eine Reihe von Finanz- und Währungsexperten in den vergangenen Jahren angestellt, sondern auch Kooperationspartner für Libra mit an Bord geholt. Große Unternehmen wie beispielsweise Spotify, Ebay und Vodafone sind von Anfang an mit dabei. Ebenfalls haben Paypal, Stripe, Visa und Mastercard als große Zahlungsanbieter bereits angekündigt, diesbezüglich spezielle Services anzubieten. Für Libra gibt es demnach ein sehr großes Marktpotential das schnell in den Alltag fast aller Menschen gelangen wird, da die genannten Unternehmen in vielen Prozessen direkt oder indirekt beteiligt sind. Aus Kundensicht sind die Hauptgründe für die Verwendung von Libra sicherlich die leichte Bedienbarkeit über das Handy und den Facebook-Messenger und zum anderen auch die oben erwähnte Unabhängigkeit von bestehenden Währungen. Vor allem die junge Generation wird diesen Dienst zu schätzen wissen.

Kirche und Krypto-Währung

Auch für kirchliche Einrichtungen bietet Libra eine große Chance. Aufgrund des hohen Potentials sich durchzusetzen, ist dringend zu empfehlen, sich mit der Thematik zu befassen. Anmeldungen zu Jugendfreizeiten oder Ausflügen könnten beispielsweise auf diese Art viel schneller und unkomplizierter abgeschlossen werden, vor allem dann, wenn durch die Marktentwicklung das Bargeld reduziert wird und die zahlenden Eltern sich ohnehin schon mehr auf alternative Bezahlmöglichkeiten konzentrieren.

„Werden Kinder noch mit ins kirchliche Ferienlager fahren, wenn sie sich auf Grund vom Handyverbot kein Eis mehr am Kiosk kaufen können?“

Auch muss das zumeist strikte Handyverbot auf den Jugendfreizeiten überdacht werden, denn sollte sich Libra so schnell durchsetzen, wie erwartet, ist es möglich, dass man am Kiosk oder Eiswagen gar nicht mehr bar bezahlen kann. Wenn digitale Währungen die Norm werden – wie sollen sich die Kinder dann selbstständig ein Eis kaufen, wenn das Handy nach wie vor strikt verboten ist?

Libra für die Caritas

Auch im Bereich der Caritas sollten Weiterbildungen und Überlegungen diesbezüglich stattfinden. Gerade hier entsteht eine starke Diskrepanz in einigen Bereichen. Auf der einen Seite gibt es viele Mitarbeiter bei der Caritas und in karitativen Einrichtungen, die nicht fit sind in innovativen digitalen Prozessen. Wie sollen diese Mitarbeiter am Ende ihre Klienten unterstützen bei Fragen zu Kryptowährungen und der damit verbundenen Teilhabe am Leben. Eine Frage die dann zum Beispiel im Raum stehen wird ist: Was soll getan werden, wenn finanzschwache Menschen keine Bonität haben und die Sperrungen von Konten in diesem Fall auch zum Ausschluss in den sozialen Netzwerken führt. Es werden sehr individuelle Fragen sein, die nicht in gut und böse unterteilt werden können, doch es wäre fahrlässig nicht jetzt damit zu beginnen sich dem Thema konstruktiv zu stellen.

Anforderungen an katholische Tagungshäuser

Ein weiterer Blick kann auf kirchliche Tagungshäuser gerichtet werden. In vielen Fällen sind sie was die Digitalisierung betrifft noch stark hinten dran und vielleicht wird es Zeit hier die Infrastruktur an manchen Orten richtig aufzurüsten. Schon heute stellt sich mir persönlich des Öfteren die Herausforderung am Ende des Tages meine Getränke in der Teeküche oder am Getränkeautomaten zu bezahlen. Hier wird Bargeld erwartet und das versuche ich persönlich nicht mehr mitzuführen. Das Problem: Google Pay, kontaktloses Zahlen und ganz sicher bezahlen mit dem Messenger ist hier in der Regel nicht vorgesehen. Für die Tagungshäuser gilt es nun aber abzuwägen, ob und wie schnell das Bargeld im Allgemeinen durch digitale Währungen ersetzt wird. Gerade bei Neuanschaffungen und langfristigen Wartungsverträgen sollte man sich deshalb gut überlegen, ob nicht alte Verträge schon heute gekündigt werden müssen, damit man in der Zukunft für Libra gerüstet ist.

Libra im Gottesdienst

Ein wieder anderes Beispiel ist, dass in Zukunft die Kollekte in der Kirche nur noch digital gibt, zum Beispiel über PayPal oder eben Libra. Was für die einen undenkbar ist, bietet durchaus spannende neue Möglichkeiten, wie zum Beispiel eine „Echtzeitanalyse“ des Spendenvolumens. Alle Anwesenden können so auf einem Monitor zum Beispiel am Ende des Gottesdienstes sehen, wie viel Geld bereits gesammelt wurde oder wie viel Geld für das nächste Spendenziel noch fehlt.

Libra für kirchliche Banken

Vor dem Fazit lohnt sich noch ein intensiver Blick auf die kirchlichen Banken, die das Vermögen vieler kirchlicher Einrichtungen gut und sicher verwalten, aber auch für die Abwicklung vieler Zahlungsverkehre für Mitarbeiter und Einrichtungen stehen. Die Banken sollten ebenfalls anfangen umdenken, denn sie sind oftmals mit Genossenschaften verbunden, welche in Bezug auf neue Zahlungsmethoden leider nicht wirklich durch Innovationen oder Kreativität in Deutschland herausstechen. Auch hier ist es demnach dringend notwendig, sich mit der Thematik zu befassen und dementsprechend neue Wege zu gehen oder auf die Notwendigkeit hinzuweisen. Gerade kirchliche Banken haben durch das katholische Netzwerk eigentlich einen starken Vorteil auf Grund des katholischen Netzwerkes in den Austausch zu gehen und damit Entwicklungen schon sehr viel früher als andere Partner zu identifizieren. Sofern es diesen Austausch noch nicht gibt, so sollte daran gelegen sein ihn aufzubauen und es hilft dabei erfahrungsgemäß auch einfach mal quer zu denken und außerhalb der klassischen Finanzbranche das Netzwerk zu nutzen.

Mein erstes Fazit

Zusammengefasst heißt das: Die Digitalisierung schreitet in großen Schritten voran, mit Libra startet ein sehr mächtiges Zahlungsmittel, was den Markt vermutlich nachhaltig und immens verändern wird. Natürlich ist diese Entwicklung nicht im Vorfeld komplett plan- oder greifbar. Dennoch sollte man sich damit befassen, schon jetzt Eventualitäten klären und diese als Folge davon berücksichtigen. Auch die kirchlichen Einrichtungen müssen sich jetzt aktiv darum kümmern. Das bedeutet, sie müssen den zeitlichen Fortschritt im Auge behalten, sich darauf einstellen, daran anpassen und letztendlich mitgehen. Denn: Libra ist nicht nur eine Chance für Privatpersonen oder Unternehmen, sondern auch für die Kirche. Diese Chance zu nutzen, erfordert jedoch Weiterbildung, Planung, Veränderung und Investition.

Über Stefan Lesting

Stefan Lesting ist Experte für das Thema Digitalisierung

Stefan Lesting ist Berater, Autor und Medienexperte und beschäftigt sich seit vielen Jahren insbesondere mit der Thematik Kirche und Medien. Daneben unterstützt Stefan Lesting zusammen mit seinen Mitarbeitern bei der Lesting Media & Consulting Pfarrgemeinden, kirchliche Einrichtungen, Verbände und Einzelpersönlichkeiten bei der Umsetzung von Marketing- und Digitalisierungsmaßnahmen.