Global aber trotzdem regional

von Unbekannt

Facebook kennt doch fast jeder. Die meisten nutzen es und irgendwie haben doch alle das gleiche im Sinn, wenn von der Kommunikation via Facebook und Co. gesprochen wird. Facebook gehört zum Alltag der Menschen wie das Fernsehen oder der morgendliche Kaffee.

Auch wenn Studien sicherlich anderes belegen mögen, so habe ich in der vergangenen Woche mit erschrecken festgestellt, dass sich diese Denkweise ein wenig bei mir manifestiert hat. Mag es daran liegen, dass die sozialen Netzwerke bei mir berufsbedingt mittlerweile zu meinem Alltag gehören oder vielleicht daran, dass ich mich in den vergangenen Monaten hauptsächlich mit Menschen ausgetauscht habe, die in einem ähnlichen Kontext wie ich tätig sind – gleich welcher Grund auch zählen mag, die Begegnung mit Stipendiaten des Katholischen Akademischen Ausländerdienstes (KAAD) in der vergangenen Woche hat mir dankenswerter Weise wieder gezeigt, dass es auch andere Sichtweisen und Wahrnehmungen dieser „alltäglichen“ Netze gibt. Als Tagungsleiter durfte ich gemeinsam mit 16 Stipendiaten (inkls. 1 Stipendiatin von Renovabis) aus 9 verschiedenen Ländern drei Tage zum Thema „Netzwerke und Netzgemeinden“ arbeiten. Neben einigen Vorträgen von externen Referenten stand vor allem die Diskussion innerhalb der Gruppe im Mittelpunkt. Und hier zeigte sich mir schnell, dass Facebook als globaler Player nicht in allen Ländern gleich wahrgenommen wird. Sei es in China, wo es nur ein stattliches Surrogat gibt oder in Polen, wo eigentlich die meisten bei „Nasza klasa“ sind. Sicherlich ist dieser Bedeutungsunterschied nicht neu, aber in meinen Überlegungen spielte er bisher keine wirklich große Rolle.

Spannend war zudem die Diskussion über die persönlichen Vorbehalte gegenüber Facebook im Allgemeinen und der digitalen Kommunikation im Besonderen. Erfreulicherweise war allen Stipendiaten klar, welche Bedeutung diese Art der Kommunikation derzeit einnimmt und sicherlich auch zukünftig noch bekommen wird. Interessant war es, dass viele der Stipendiaten für sich erkannten, dass sie eigentlich gerne weniger in diesen Netzwerken kommunizieren würden. Gerade die Tendenzen zur Entfremdung und „Vereinsamung“ spielte für die Teilnehmer eine große Rolle – auch bedingt durch eigene Erfahrungen. Aber auch die Relevanz von großen Unternehmen auf die Semantik unserer Sprache wurde rege diskutiert. Spannender Ansatz, über den ich mir bisher noch nicht viel Gedanken gemacht habe. Aber sich einmal bewusst zu machen, dass Marc Zuckerberg es schafft, die Bedeutung des Wortes „Freundes“ zumindest in Ansätzen neu zu definieren, ist sicherlich nicht verkehrt. Bemerkenswert für mich war, dass Diskussionen über den Datenschutz und die persönlichen Daten innerhalb der Netzwerke nur am Rande eine Rolle in den Gesprächen spielten. Blicke ich auf zurückliegende Veranstaltungen in diesem Themenfeld zurück, war es oft das dominante Thema.

Alles im allen, waren es drei spannende Tage. Ich kann es jedem nur empfehlen, diesen Blick über den Tellerrand zu werfen. Mir wurde deutlich, dass das Thema Datenschutz sicherlich auch in anderen Ländern diskutiert wird, allerdings nicht reflexartig als Argument gegen ein Engagement in sozialen Netzwerken angebracht, wie ich es oft in Deutschland erfahre. Zudem wurde für mich erneut klar, wie wichtig es ist, in Konzepte für eine Kommunikation in den sozialen Netzwerken auch immer wieder Personen einzubeziehen, die einen völlig anderen Zugang zur Materie haben. Gleich ob Dauernutzer oder bewusste Facebookverweigerung: soziale Netzwerke nehmen global gesehen eine immer bedeutendere Rolle ein, obwohl ihre Nutzung dabei nicht global sondern regional angepasst ist.
Für diese Blickwinkel kann ich den Stipendiaten nur danken, denn wann kann man schon einmal als Referent sagen, dass eine Tagung inspirierend für die eigene Arbeit war.

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4 thoughts on “Global aber trotzdem regional

  1. Immer wieder wird in verschiedenen Medien vom Sinn und Nutzen von facebbok diskutiert, es gibt wie Anhänger als auch viele Gegener von facebook.
    Ich glaube, einige haben noch nicht bis zu Ende begriffen, dass facebook immer mehr festen Platz in allen verschiedenen Seiten des Lebens einnimmt, darunter auch eine der Möglichkeiten, Online Marketing zu betreiben.
    Und dass facebook ein der erfolgreichsten Beispiele der Unternehmensgründung darstellt, bleibet unbestritten.

  2. Sehr interessant! Ich habe mich vor einigen Tagen auch mit dem Thema beschäftigt und facebook deshalb einer kleinen Analyse und einem kurzen Sektencheck unterzogen (http://theopop.de/2012/08/facebook-eine-neue-weltreligion/). Ich finde es vor allem spannend, dass du im Gespräch mit Teilnehmern der Tagung offenbar genau die Dinge bestätigt findest, die facebook am Ende u.U. tatsächlich auch „problematisch“ werden lassen:

    „Interessant war es, dass viele der Stipendiaten für sich erkannten, dass sie eigentlich gerne weniger in diesen Netzwerken kommunizieren würden. Gerade die Tendenzen zur Entfremdung und “Vereinsamung” spielte für die Teilnehmer eine große Rolle […].“

    Ein weiteres Problem ist ja auch das, dass „digitale Kommunikation“ inzwischen zu großen Teilen über facebook abläuft. Emails, Chats, Foren – all diese Dinge wurden nach und nach in facebook integriert. Was in der „realen Welt“ (zu der selbstverständlich auch die digitale gehört) schon lange vom Kartellamt gerügt worden wäre, ist facebook ohne Weiteres möglich.

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