Mehr als ein Gedankenspiel

von Unbekannt

Ohne eine Wohnung leben, ein Gedankenspiel das abwegig erscheint, aber doch für manche Menschen den Alltag bestimmt. Doch schaut man einmal mit offenen Augen um sich, dann entdeckt man immer wieder Menschen, die kein Dach über dem Kopf haben und auf der Straße leben. In den etwas größeren Städten sieht man sie manchmal in der Einkaufsstraße sitzen, manche halten sich sehr stark aus dem öffentlichen Raum zurück und ja es gibt in den Großstädten sicherlich auch mehr Wohnungslose als im ländlichen Raum.

Wenn man das Gedankenspiel ein wenig weiter treibt, dann kann man die Situation vielleicht noch ein wenig zuspitzen und sagen, dass diese Menschen einfach komplett aus dem normalen Leben heraus sind, abgesehen davon das sie andere Leute in der Einkaufsstraße, vor dem Einkaufszentren oder dem Supermarkt beobachten können und sich bei der Suppenküche einmal am Tag eine warme Mahlzeit abholen.

Noch abwegiger erscheint, dass diese Menschen im Besitz von Lebensmut, politischen Elan oder gar Internetkenntnissen sind oder?

An dieser Stelle könnten sicher noch einige weitere Klischees hervorgehoben werden, aber an dessen Stelle soll die Webseite Berber-Info treten und dessen Ideengeber und Betreiber Jürgen. Vor einigen Tagen wurde mir eine Mail von eben diesem Jürgen weitergeleitet mit dem Tipp, dass dies doch etwas für FRISCHFISCHen ist.

Eine Mail von einem Wohnungslosen was für ein positiver Widerspruch, so mein erster Gedanke, doch warum eigentlich nicht in einer Zeit wo jedes Kind ein Handy besitzt und auch in den ärmsten Ländern dieser Welt fast jeder online ist. Jürgen ist also wohnungslos und stand oft vor dem Problem, dass es nur sehr wenige Informationen für wohnungslose Menschen gibt. Doch an Stelle das er frustriert vor dieser Tatsache kapituliert, hat er beschlossen daran etwas zu ändern. Der erste Gedanke die Herausgabe von Flyern erwies sich als nicht sinnvoll und praktikabel auf Grund der hohen Kosten. Die Alternative dazu hat sich durch einen zufälligen Kontakt ergeben und so wurde kurzer Hand die Webseite Berber-Info gelauncht.

Wo kann ich schlafen? Wo erhalte ich welche Beratung? Fragen, die man nun einfach nachlesen kann, nicht gedruckt, sondern digital auf der Homepage. Jürgen betreibt diese Homepage seit 3 Jahren und schreibt in seiner Mail: „Mit dieser Seite habe ich eine wichtige Aufgabe gefunden.“ Worte die bewegen, die einen berühren und die das anfängliche Gedankenspiel irgendwie vergessen machen. Voller Begeisterung erzählt Jürgen auch in seiner Mail weiter, dass er sich neben dem Internetauftritt auch politisch engagiert. Jetzt darf er erst einmal nach Brüssel fahren auf eine Konferenz, wo er als Betroffener seine Erfahrungen schildern möchte. Die Vorfreude auf diese besondere Ehre ist dabei groß, doch es schwingt auch eine Hoffnung mit, die Hoffnung, dass nicht nur geredet wird, sondern das er auch einmal sein Anliegen nach vorne bringen kann.

Die Email von Jürgen macht Mut, auch wenn natürlich einige Rückschläge immer und immer wieder zu erleiden sind. Die größte Herausforderung sind dabei die leeren Versprechungen der Menschen, die Hilfe versprechen. Das tut weh, auch für jemanden der ohne Wohnung ist und den viele Menschen nicht auf einer Tagung in Brüssel, sondern eher sitzend vor dem Supermarkt erwarten würden.

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One thought on “Mehr als ein Gedankenspiel

  1. Danke für diesen Linktipp http://www.berber-info.de (findet sich das hier im Artikel auch irgendwo verlinkt und ich habe es nur übersehen?).

    Ich bin derzeit recht viel mit dem ÖPNV unterwegs und immer wieder fallen mir Menschen auf, die offenbar Wohnungslos sind und versuchen, über den Verkauf von Zeitungen ein Angebot zu nutzen, Informationen weiterzugeben und etwas Geld zu verdienen.

    Ich finde es interessant, nun auch eine Quelle im Netz zu wissen, um zumindest mal selbst eine Info nachzusehen oder zur Verfügung zu stellen (manchmal begegnen mir ja auch Informationen für Wohnungslose wie Angebote für Übernachtungen oder Essen oder Bademöglichkeiten).

    Ich stelle fest, dass ich das Gedankenspiel tatsächlich unvorstellbar finde, dass Wohnungslose über einen Internetzugang auch angesichts der zurückgehenden Angebote von Internetcafés verfügen könnten. Dennoch scheint das eines der Vor-Urteile zu sein, die Wohnungslosen anhängen. Keine Wohnung, kein Geld, kein „Zugang zur öffentlichen Kommunikation“, aber einen Hund bzw. eine Hündin? Auch ich sehe wohl nur einen sehr kleinen Ausschnitt aus dem Leben dieser Menschen. Danke für´s Erweitern meines Blickwinkels.

    Nachdenkliche Grüße
    Veronika Kaiser

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